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Presseartikel

 
Montag, 16. Nov 2015

Verfemt, verehrt und verfolgt: Ausstellung «Der Wolf» im Küefer-Martis-Huus in Ruggell

Vernissage Um kaum ein anderes Tier ranken sich in so vielen Kulturkreisen so viele widersprüchliche Mythen wie um den Wolf. Eine Ausstellung im Küefer-Martis-Huus geht nun der Kulturgeschichte dieses verfemten und verehrten Tieres nach.

Jedes Kind kennt bei uns das Märchen von Rotkäppchen und dem bösen Wolf. Und jeder kennt den Aberglauben von Menschen, die sich nächstens in reissende Werwölfe verwandeln. Aber das sind nur zwei Aspekte in der mit viel Akribie zusammengetragenen Ausstellung über die Geschichte und Aktualität dieses faszinierenden Wildtiers, mit dem aktuell und noch bis 9. Oktober nächsten Jahres das Küefer-Martis-Huus bis unters Dach bespielt und mit einem umfangreichen Begleitprogramm garniert wird. Neben einigen Leihgaben von anderen Museen lebt die Ausstellung «Der Wolf» vor allem von den zahlreichen Grafiken, Büchern und Objekten, die der Ethnologe Burghart Häfele über viele Jahre für eine kulturwissenschaftliche und volkskundliche Dissertation über die Beziehung zwischen Mensch und Wolf zusammengetragen hat. Und dabei ist er praktisch vom Hundertsten ins Tausendste geraten, wie er selbst am Samstag bei der Vernissage der Ausstellung bekannte.

Unrein, teuflisch, mutig

Denn der Wolf faszinierte zu allen Zeiten in verschiedensten Kulturkreisen im Westen wie im Osten. In der Bibel taucht der Wolf als Symbol des Teufels auf, in der jüdischen Mythologie galt er als unreines Tier. Andererseits war er auch Begleiter von Heiligen, galt in Indien als heiliges Tier, spielt als Symbol für Mut und Wildheit eine grosse Rolle in den Kriegsmythologien der alten Ägypter oder bei den Wikingern oder erscheint im Rahmen der mythologischen Gründungsgeschichten verschiedener Turkvölker. Und nicht zuletzt fungiert die Wölfin in verschiedenen Geschichten als Nährmutter von ausgesetzten Kindern wie Romulus und Remus, den Gründern Roms, oder des Waisenjungen Moglie in Rudyard Kiplings Dschungelbuch.
Nachdem der Wolf in unseren Breiten im 19. Jahrhundert ausgerottet worden war, sind in den vergangenen Jahren wieder einige Tiere, aus Italien kommend, über das Wallis in die Region zurückgekehrt. Im Calanda-Gebiet oberhalb von Chur hat sich sogar eine Wolfsfamilie angesiedelt, deren Junge sich offenbar weitverzweigt Richtung Freiburg im Breisgau, ins Jura-Gebiet und eventuell auch ins benachbarte Silbertal auf Wanderschaft gemacht haben, wie der Wildbiologe und Jäger Michael Fasel bei der Vernissage zu erzählen wusste.

Rückkehr ambivalent beurteilt

Während vor 200 Jahren die Gesellschaft von den Jägern noch die Ausrottung des Wolfes verlangt habe, werde der Rückkehrer heute ambivalent beurteilt, so Fasel. Für die einen gilt er immer noch als ein blutrünstiges Tier, das auch Schafherden überfällt, andere wiederum verlangen im Interesse der biologischen Vielfalt die Duldung seiner Wiederansiedlung. Für die Jägerschaft ist der Wolf durchaus ein Jagdkonkurrent, denn das Calanda-Wolfsrudel reisst in einem Gebiet von 150 Quadratkilometern rund 270 Wildtiere, hauptsächlich Hirsche und Rehe, pro Jahr. In diesem Licht und angesichts der Tatsache, dass wir in einer regulierten Landschaft leben, müsse über eine Regulierung der Wolfsbestände nachgedacht werden, schloss der Biologe und Jäger Michael Fasel.