Donnerstag, 11. Jan 1996
«Amerikanische Zustände» in Vaduz, Triesenberg und Ruggell
Weil ihre Budgets für das Jahr 1996 bislang nicht genehmigt werden konnten, dürften die drei Gemeinden eigentlich keinen Franken ausgeben
(mö) - «Amerikanische Zustände» in drei Liechtensteiner Gemeinden: Weil Vaduz, Triesenberg und Ruggell ihre Budgets für das Jahr 1996 bis zum heutigen Tag der Regierung noch immer nicht zur Genehmigung vorgelegt haben, dürften sie - streng formalrechtlich gesehen - vorläufig auch keine Gehaltszahlungen vornehmen, keine Kredite gewähren und keine Anschaffungen tätigen. Zeitlich arg in Verzug sind insbesondere die Gemeinden Ruggell und Triesenberg, wo die Voranschläge für 1996 von den Gemeinderäten erst noch genehmigt und zum Referendum ausgeschrieben werden müssen.
«Die Gemeinde hat jährlich durch den Gemeinderat bis Ende November für das folgende Jahr einen Voranschlag aufzustellen und der Regierung zur Genehmigung zu unterbreiten. Mit dem Voranschlag ist der Zuschlag auf die Vermögens- und Erwerbssteuer festzulegen». Diese Bestimmung des Gemeindegesetzes wird offensichtlich von einigen Gemeinden nicht allzu ernstgenommen.
Nach Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen Eingabefrist lagen die Gemeindevoranschläge für das Jahr 1996 noch nicht vollzählig vor, wie bei den zuständigen Stellen zu erfahren war. Bisher war es üblich, dass die Gemeindebudgets von der Regierung jeweils Ende Dezember als Gesamtpaket behandelt und verabschiedet wurden. Die Stabstelle Finanzen verfasste dazu auch einen zusammenfassenden Bericht, der die Regierung über die Gesamtaufwendungen und Gesamterträge der Gemeinden im Budgetjahr informierte. Doch dieses Mal konnten die Budgetvorlagen von der Regierung nur stückweise beraten werden.
Drei Vorlagen noch ausstehend
Nach wie vor ausstehend sind die Voranschläge von Vaduz, Triesenberg und Ruggell, so dass die drei Gemeinden - rein formalrechtlich - vorderhand keinen einzigen budgetierten Franken ausgeben dürften. Denn ein Gemeindebudget ist erst mit der Genehmigung durch die Regierung rechtsgültig. Nach dem Gemeindegesetz ist die Regierung berechtigt, den Voranschlag abzuändern und der Gemeinde Weisungen für die geordnete Führung des Gemeindehaushaltes zu erteilen.
Probleme im EDV-Bereich
In Ruggell sind bislang erst gewisse Teilbereiche des Budgets 1996 genehmigt worden. Das Gesamtbudget soll nun in der nächsten Woche vom Gemeinderat verabschiedet und zum Referendum ausgeschrieben werden, teilte uns gestern Vorsteher Anton Hoop auf Anfrage mit. Die Verspätung in der Budgetausfertigung erklärte der Ruggeller Vorsteher mit Problemen in der EDV und der gegenwärtigen Überbelastung der Gemeindekasse. Auch in Triesenberg sieht man sich ähnlichen Schwierigkeiten gegenüber. Die neue EDV-Lösung funktioniere, so Vorsteher Herbert Hilbe, noch nicht zur vollsten Zufriedenheit. Triesenberg hat sich im Zusammenhang mit der Realisierung einer gemeinsamen EDV-Lösung von Land und Gemeinden bekanntlich als «Pilotgemeinde» zur Verfügung gestellt.
Der Hauptgrund für die verspätete Budgetabgabe liegt nach den Worten des Triesenberger Vorstehers aber in einem neuen Weg, den die Gemeinde bei der Budgeterstellung beschreiten möchte. Danach hat jeder Gemeinderat das seinem Zuständigkeitsbereich zugeordnete Teilbudget eigenverantwortlich zu erstellen und in der Folge auch zu überwachen. Mit dieser Arbeit habe man allerdings erst anfangs Dezember begonnen. Das Gesamtbudget 1996 könne nun voraussichtlich Ende Januar vom Gemeinderat verabschiedet werden, teilte Herbert Hilbe gestern mit. Der Rohentwurf werde in den nächsten Tagen vorliegen.
Ungewissheit in Vaduz
In Vaduz ist der Voranschlag für das Jahr 1996 zwar vom Gemeinderat bereits am 5. Dezember einhellig genehmigt worden. Der für das Finanzwesen zuständige Bürgermeister Karlheinz Ospelt konnte gestern auf Anhieb jedoch keine Auskunft darüber geben, ob sich die Budgetvorlage noch immer im Vaduzer Rathaus oder zwischenzeitlich schon auf dem Weg ins Regierungsgebäude befindet.