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Presseartikel

 
Freitag, 21. Nov 2014

Referat: Ist Eva gleichberechtigt, wächst Adam über sich hinaus

Entwicklungsschritt Mit dem Vortrag «Vom Heiraten über Grenzen» vermittelte Martina Sochin D’Elia im Küefer-Martis-Huus in Ruggell spannende Einblicke in die Heiratsmigration Liechtensteins.

Die umfangreichen Ergebnisse der Forschungsarbeit von Martina Sochin D’Elia zum Thema «Heiratsmigration in Liechtenstein nach 1945» sorgten im Küefer-Martis-Huus immer wieder für Staunen und Schmunzeln, angesichts der Tatsache, dass die Bürgerrechtsregelung zwischen Frauen und Männern jahrelang unterschiedlich gehandhabt wurde. Die Forschungsbeauftragte für Geschichte am Liechtenstein-Institut in Bendern zeigte detailliert auf, wie Fremdheit in der liechtensteinischen Gesellschaft entlang von Staatsbürgerschaft konstruiert und wie zwischen «echten» und «unechten» Liechtensteinern, beziehungsweise Ausländern differenziert wurde. Im Vorfeld vermittelte Johannes Inama, Leiter des Museums, einen kurzen Einblick in ihre Forschungsarbeit: «Ihre vor zwei Jahren erschienene Publikation unter dem Titel Man hat es doch hier mit Menschen zu tun! Liechtensteins Umgang mit Fremden seit 1945, beinhaltet ein sehr grosses Kapitel zum Thema Heiratsmigration.»

Liechtenstein öffnet sich

Nebst allgemeinen Angaben zum Heiratsverhalten in Liechtenstein ermöglichte Martina Sochin D’Elia der Zuhörerschaft einen konkreten Einblick in einzelne Bürgerrechtsregelungen, untermalt mit treffenden Zitaten. Aus den Eheregistern des Zivilstandesamtes hat D’Elia über 16 000 Fälle untersucht, beginnend bei 1918 bis 2003. Aus ihren Recherchen resultiert, dass die Anzahl derjenigen Trauungen, bei denen beide Ehepartner aus Liechtenstein stammen, stark abgenommen hat, konkret von 47 Prozent auf 17,9 Prozent; dies im Zeitraum von 1975 bis 2003. «Gleichzeitig hat die Zahl der Eheschliessungen, bei denen keiner der Ehepartner eine liechtensteinische Bürgerschaft besass, um 20,4 Prozent zugenommen», belegte D’Elia anhand ihrer grafischen Darstellung. Fazit: «Ein Fünftel aller heutigen Eheschliessungen sind grob gesagt Eheschliessungen, bei denen keiner der beiden Liechtensteiner Staatsbürger ist», resümiert D’Elia. Diese und andere Fakten seien sehr einfach zu erklären, denn: «Liechtenstein hat sich seit 1918 geöffnet. Das Land hat nicht umsonst einen Ausländeranteil von rund einem Drittel.»

Liebe kennt keine Grenzen

Auch das Heiratsverhalten der Liechtensteinischen Frauen habe sich im Laufe der Jahre verändert: «Während von 1918 bis 1945 gut zwei Drittel der Frauen einen Liechtensteiner geheiratet haben, tun diese heute nur ein Drittel», berichtet die Forschungsbeauftragte. Früher hatte dieser «grenzüberschreitende» Herzensentscheid drastische Konsequenzen. Denn im Gegensatz zu den Männern verloren Frauen, die einen Ausländer heirateten, die Liechtensteinische Landesangehörigkeit. «Diese Bürgerrechtsregelung wurde im Jahre 1864 im Gesetzblatt schriftlich verankert», dokumentiert D’Elia und fügt an: «Frauen verloren bis 1974 mit der Heirat eines Ausländers die Liechtensteinische Staatsbürgerschaft und deren Kinder galten als Ausländer. Gleichzeitig erhielt eine Ausländerin, die einen Liechtensteiner heiratete, automatisch das Staatsbürgerrecht.» Diejenigen Frauen, die ausgebürgert wurden, erhielten ab 1974 die Möglichkeit, einen Antrag auf Rückbürgerung zu stellen. Vor der Einführung des Frauenstimmrechts, das dann im Jahre 1984 erfolgte, wurde jedoch für eingeheiratete Frauen eine Karenzfrist (Wartezeit) eingeführt, sodass die automatische Einbürgerung durch Eheschliessungen abgeschafft wurde.

Mit Weitsicht handeln

Schliesslich habe man laut D’Elia den Handlungsbedarf erkannt und 1985 sprach sich der Landtag für eine erleichterte Einbürgerung «ausländischer» Kinder aus. Letztlich stimmte das Volk im Dezember 1986 mit 52 Prozent zu. Die Männer jedoch gaben weiterhin per Geburt das Liechtensteinische Bürgerrecht ihren Kindern weiter. Dies sei vor allem bei Frauen nicht auf Zustimmung gestossen. So wurde im Jahre 1992 ein Gleichheitsartikel in die Verfassung aufgenommen. Dieser Gleichheitsartikel habe zu einer ganzen Reihe von Gesetzesänderungen geführt, wie D’Elia zusammenfasst: «Seit 1996 können auch Liechtensteinerinnen ihr Bürgerrecht per Geburt an ihre Kinder weitergeben und ihre ausländischen Partner erhalten im Gegenzug die Möglichkeit, einer erleichterten Einbürgerung.»

Weitere Infos unter: www.kmh.li