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Presseartikel

 
Montag, 27. Jan 2014

95 Jahre – Hartes, aber erfülltes Leben

Wiegenfest Verena Büchel, geborene Öhri, wurde am 27. Januar 1919 als ältestes von sechs Kindern der Eheleute Leonhard Öhri und Elisabeth geb. Hasler von Schellenberg, im Oberweiler 9, in Ruggell geboren.

Sie waren bekannt unter dem Hausnamen «s’Wendelis». Der Vater war Kleinbauer. Es war eine harte Zeit, aber in der Familie wurde trotzdem viel musiziert, gesungen und getanzt. Diese Liebe zur Musik und zum Gesang spielte im ganzen Leben von Verena Büchel eine wichtige Rolle. Aus ihrem Traum von einer Gesangsausbildung wurde allerdings nichts, das konnte man sich damals nicht leis-ten. So arbeitete sie nach der Volksschule 5 Jahre bei der Firma Ramco in Schaan, aus der dann später die Ivoclar hervorging, dann als Hausangestellte auf Schloss Gutenberg in Balzers und später in der Teppichfabrik in Sennwald. Alles Geld, das sie verdiente, musste zu Hause abgegeben werden, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen.

1941 lernte sie im damaligen Bürgerheim, dem heutigen Spital in Vaduz, kochen und zur gleichen Zeit lernte sie Andreas Büchel kennen. 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, heirateten sie im Kloster Einsiedeln. Sie fuhren am selben Tag mit dem Zug wieder nach Hause, denn für eine Hochzeitsfeier war kein Geld vorhanden. 1942 kam ihr erster Sohn Franz auf die Welt und es folgten weitere acht Kinder: Elisabeth, Gertrud, Alexander, Gerold, Verena, Leonhard, Markus und schliesslich 1954 Anita.

Schwierige Zeit überstanden

«Es war sehr schwer, in dieser harten Zeit eine so grosse Familie durchzubringen. Ich habe am liebsten gesungen und mein Humor hat mich über vieles hinweggetröstet. Mein Mann Andreas war bei der Musik und spielte Tschinella und hat sehr oft und leidenschaftlich politisiert.»
Zunächst lebte das junge Paar bei Schwager Paul in der Ruggeller Mühle. 1946 kauften sie das Haus Nr. 73 an der Dorfstrasse, ein Gebäude aus dem 17. Jahrhundert, das heute renoviert ist und unter Denkmalschutz steht. Sie waren Selbstversorger und lebten von der kleinen Landwirtschaft. Ihr Mann Andreas litt an Angina pectoris und Verena musste mit den Kindern vieles selbst anpacken und meistern.
«Als mein Mann 1956, mit 41 Jahren, den ersten Herzinfarkt hatte, war es ganz schlimm. Wir bekamen keine Hilfe. Es gab damals weder Kindergeld noch Krankenversicherung oder Sozialhilfe. Ich hatte fast nie Bargeld. Aber – wir haben auch diese Zeit gemeinsam überstanden. Die älteren Kinder haben mir dabei viel geholfen und dafür auf vieles verzichtet.»
1964 hat Franz, der Älteste, ein neues Haus geplant und mit der tatkräftigen Hilfe der jüngeren Brüder Gerold, Alexander und Leonhard, wurde das Haus Nr. 171 im Mühlegarten gebaut, 1965 bezogen und durch die unterstützende Hilfe der Töchter im Haus, Garten und in der Landwirtschaft wurde der Alltag von Verena ein wenig erträglicher. Oft sang Verena alte Lieder bei den Arbeiten im Haus und die mitarbeitenden Kinder stimmten mit ein. So ging alles leichter von der Hand und tat gut. Das Musizieren gehörte ins Leben der Familie von Verena, die meisten spielten ein Instrument und/oder sangen im Chor.
Leider konnte Verena diese gute Zeit nicht mehr lange mit ihrem Mann Andreas geniessen. Er starb 1967 am dritten Herzinfarkt mit 51 Jahren. Ein Schock für die grosse Familie. Verena aber schaffte es mithilfe ihrer Kinder und je älter und selbstständiger sie wurden, umso leichter und besser wurde ihr Leben. Sie konnte auf Reisen gehen, mit befreundeten Frauen in einem Chor singen, im Ausland ihre Kinder besuchen und mit ihrem Sohn Alexander auf den Kanarischen Inseln eine Cousine besuchen und Ferien machen.

18 Enkel und 21 Urenkel

Alle Kinder gingen ihre eigenen Wege, sieben gründeten Familien und die Arbeit im Haus und Garten wurde weniger. Sie hatte endliche Zeit für sich selbst.
Doch das Leben verschonte sie nicht, ihr ältester Sohn Franz verstarb im Frühjahr 2009 und Leonhard im Herbst 2009. Sie trug schwer, aber sie gab nicht auf. Der Beistand ihrer Kinder liess sie hoffen und ihre Freude am Leben, ihr Humor kehrte wieder zurück. Mit Freude radelte sie wieder ins Riet und freute sich an der Natur und Umgebung.
Inzwischen ist Verena Büchel glückliche Ahna von 18 Enkelkindern und Urahna von 21 Urenkeln, lebt in ihrer eigenen schönen Wohnung im Haus ihrer jüngsten Tochter Anita und freut sich, wenn ihre Kinder mit Familien zu Besuch kommen oder sie von ihnen eingeladen wird; wenn sie Ausflüge zu Freunden und Verwandten nach Österreich oder in die Schweiz machen kann und die Ferien in Amden und im Bregenzerwald sind für sie jedes Jahr eine willkommene Abwechslung zum alltäglichen Trott.
Sie ist interessiert am Tagesgeschehen, liest jeden Tag die Zeitung und mag Bücher mit Geschichten aus dem Leben anderer. Sie liebt Gedichte und schreibt sie auf, um sie nicht zu vergessen. Rätsel löst sie mit Passion und nebst der Tageschau am Fernseher schaut sie ganz gerne alte Filme oder humorvolle Unterhaltungssendungen.
«Wer rastet, der rostet», so Verena: Also geht sie spazieren mit Begleitung oder allein mit dem «Roller» und bei schlechtem Wetter holt sie sich die Bewegung auf dem «Hometrainer».

«Humor nie verloren»

Mit einem Lächeln sagt Verena: «Ich habe den Humor und die Lebenslust nie verloren, auch wenn es uns nicht immer so gut ging. Ich habe inzwischen viel nachgeholt und Schönes machen dürfen, was ich früher nicht machen konnte. Dabei spielte das Singen eine wichtige Rolle, denn dadurch konnte ich meine Sorgen loswerden.»
Das Leben so zu nehmen, wie es kommt, zuversichtlich, offen, mit innerer Teilnahme am Geschehen, ohne sich unterkriegen zu lassen – vielleicht liegt darin das Geheimnis ihres erfüllten Lebens.(pd)