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Presseartikel

 
Mittwoch, 21. Aug 2013

«Schwertkampf ist nicht mein Ding»

Historisch Mittelalterliches Handwerk ist für Daniel Mathis der Ausgleich zum Klinikstress. Der 28–jährige Krankenpfleger aus Ruggell will in den nächsten Wochen einen Mittelalter-Verein gründen.

Menschen in Liechtenstein

In der Ruine Schellenberg hat sich Daniel Mathis die Schnitzbank aufgebaut, denn hier ist sein Lieblingsplatz. «Den Namen hat die Burg von Markwart von Schellenberg, einem Deutschen. Ihm gehörte auch Wasserburg bei Lindau», erzählt Mathis begeistert. «Nach Markwart gab es viele Besitzer-Wechsel. Die Burg wurde oft verkauft, verschenkt und vererbt.» Mathis schliesst die Augen und hobelt mit dem Schnitzmesser den Bogen-Rohling ab. Der kräftige 28–Jährige strahlt dabei Ruhe aus. Wie Federn schälen sich die Hobelspäne vom Holz und fallen sanft zu Boden. «Damit kann ich nachher ein prima Feuer anzünden», sagt Daniel Mathis. Beim Schnitzen schaltet er vom Klinikstress ab, denn tagsüber betreut er Patienten im Operationssaal. Am Mittelalter faszinieren Mathis das Handwerk und die Musik: «Schwertkampf ist gar nicht mein Ding.» Er spielt Drehleier, Gitarre, Tin Whistle und nimmt zudem Gesangsunterricht. Am liebsten sind ihm mittelalterliche Musik mit deutschen Texten. Die Begeisterung für das Handwerk begann für Mathis mit einem Bogenbau-Kurs. Er baute sich einen «Schnitzesel» (Anm. d. Red. eine Schnitzbank) und eine Drechselbank. Den Webstuhl, auf dem er mit der sogenannten Plättchentechnik Bordüren und Gürtel webt, konstruierte er ursprünglich für seine Mutter, «die sollte da vor dem Fernseher ein wenig weben. Aber dann sass ich selbst die ganze Zeit an dem Webstuhl. Ich werde meiner Mutter wohl noch mal einen Webstuhl bauen müssen.»

Schwimmender Technik-Freak

Daniel Mathis ist das jüngste von vier Kindern. Er kommt aus Ruggell und wollte auch nie woanders hin. Als Jugendlicher war der heute 28-Jährige ein Schwimmtalent: Liechtensteiner Landesmeister bei den Junioren und Vizelandesmeister bei den Erwachsenen, hinter seinem fünf Jahre älteren Bruder Thomas, der jetzt Triathlet ist. Mathis hat es auch einmal mit Triathlon versucht: «Aber meine Knie sind kaputt. Da geht es leider nicht mehr.» Nach der Schule machte Mathis eine Ausbildung zum Informatiker und arbeitete drei Jahre in diesem Beruf, zuletzt in Triesen. «Privat bin ich immer noch ein Technik-Freak.» Den Computer-Beruf wollte Mathis nicht mehr ausüben. Deshalb schulte er um und pendelt nun immer nach St. Gallen. Lagerungspfleger heisst sein Beruf offiziell. «Aber wenn ich das sage, denken alle, ich arbeite im Lager und nicht im Operationssaal.»

Historisches Lager

Im Juni 2014 wird Mathis zum zweiten Mal ein historisches Lager auf der Ruine Schellenberg veranstalten. In Workshops können Mittelalterfans dann Schwertkampf, Bogenschiessen und altes Handwerk erlernen. Gern würde Mathis sein historisches Handwerk auch an Liechtensteiner Schulen vorführen.Das Mittelalter-Hobby kostet Daniel Mathis jährlich etwa 10 000 Franken. Kürzlich erst kam er vom Life-Rollenspiel «Conquest of Mythodea», welches in Norddeutschland stattfand, zurück. Bei der grössten Veranstaltung dieser Art schlüpfte der Mittelalterfreund in die Rollen eines Barden und eines Handwerkers. Im September zieht es Daniel Mathis mit seiner Schnitzbank nach Regensburg. Dort wird der vielfältig begabte Ruggeller auch einen Auftritt als Feuerspucker haben.

* Martin Zimmermann

Martin Zimmermann, 34, wurde in London geboren und lebt in Tübingen (Deutschland). Er absolviert derzeit die vierte Internationale Sommerakademie für Journalismus und PR an der Universität Liechtenstein.