suche navigation

Presseartikel

 
Dienstag, 07. Apr 2015

Der Biber, die Bauern und die Suche nach einem grünen Zweig

Konflikte Der Biber ist bereits seit Längerem zurück – gesetzliche Grundlagen fehlen jedoch. Die Bauern bleiben daher bisher auf den teuren Schäden sitzen.

Ein «Anarchist», wie der Leiter der Schweizer Biberfachstelle Christoph Angst den Holzfäller der Natur nannte, im Fürstentum? Das konnte auf lange Sicht ja nicht gut gehen. Tatsächlich sind die Meinungen zu dem seit 2008 nach 200-jähriger Abwesenheit wieder in Liechtenstein beheimateten Biber geteilt. Der Biber schere sich nicht um die Zivilisation, er breite sich aus und zwar grossflächig. Aus ökologischer Sicht ist das erwünscht, aus wirtschaftlicher Sicht kann das Tier aber auch Probleme bereiten. Das spaltet Naturfreunde, Tierliebhaber sowie Biologen wie Michael Fasel, der dem Liechtensteiner Biber mit «Der Rückkehrer» sogar ein eigenes Buch gewidmet hat, und die Landwirte auf der anderen Seite, die mit den Schäden des Nagers leben müssen.

Biodiversität auf der einen Seite

Fasel, der die rund 25 Biber im Land schon seit Längerem beobachtet, betont dessen Dienst für die Biodiversität. Mit dem Bau eines Dammes schafft der Biber schwach überschwemmte Gebiete. Das seichte Gewässer sei eine ideale Brutstätte für Jungfische und Insekten, und diese wiederum seien Nahrung für viele Vogelarten. Auch Pflanzen hätten sich rund um Biberdämme angesiedelt, die es früher nicht gegeben habe. Der Biber entscheidet jedoch selbst, wo er sich niederlässt. In Liechtenstein sind dies laut dem Amt für Umwelt beispielsweise der Speckigraben in Schaan, der Binnenkanal in Vaduz sowie der Mühlebach und der renaturierte Binnenkanal in Ruggell, wo sich 2008 die erste Familie niedergelassen hatte. Nicht selten führt die freie Wahl seines Lebensraumes jedoch zu Konflikten.

Schäden auf der anderen Seite

«Der Biberfrass an landwirtschaftlichen Kulturen verursacht Ertragseinbussen und Einkommensverluste», wie die Vereinigung Bäuerlicher Organisationen (VBO) auf «Volksblatt»-Anfrage mitteilte. Oftmals müssten gefährdete Kulturen entlang von Biberstandorten eingezäunt werden, was mit erheblichen Arbeitsaufwand und Zusatzkosten verbunden sei. Zudem richte die rege Grabtätigkeit des Bibers grosse Schäden an Uferböschungen oder Feldwegen an. «Dadurch entstehen unterirdische Hohlräume, die beim Betreten zum Einsturz kommen können», erklärte der VBO weiter. Beim Befahren mit landwirtschaftlichen Maschinen könnten diese kippen, auch Spaziergänger seien gefährdet. Ausserdem verstopfe der Biber Drainageleitungen, was zu Rückstau, Überschwemmungen und zur Verschiebung ganzer Bachläufe führen könne.
«Die Landwirtschaft ist nicht grundsätzlich gegen den Erhalt des Bibers. Es braucht allerdings eine klare Regelung, vor allem auch bezüglich Übernahme der Kosten durch Biberschäden», heisst es seitens des VBO. «Es kann nicht sein, dass diese Probleme und die Konsequenzen ignoriert und die Kosten auf einzelne Personen überwälzt werden.»
In Rugell ist man einer Lösung näher. Zwar arbeite das Amt für Umwelt an einem Gesetzesentwurf, der den Umgang mit dem Biber regeln soll. Bis dieses jedoch in Kraft tritt, hat die Gemeinde den Bauern in einem Brief angeboten, die Schäden auf Strassen, Wegen und Kulturland durch den Werkhof beseitigen zu lassen. In Rücksprache mit dem Gemeinderat könne zudem auch Unterstützung bei gröberen Schäden überprüft werden. Weiter organisierte Ruggell bereits Exkursionen in die Biberhochburg Thurgau, um aus den Erfahrungen anderer Betroffener zu lernen.

Gekommen, um zu bleiben

Der Weg der Gemeinde scheint sinnvoll, denn der Biber wird so schnell wohl nicht mehr verschwinden. «Der Bestand ist so hoch und gut, dass sich der Biber halten und wohl noch intensiver verbreiten können wird», meinte Fasel im Dezember gegenüber dem «Volksblatt».