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Presseartikel

 
Donnerstag, 23. Okt 2014

Heiratsprobleme in der Fremde

Kooperation Eine Ausstellung geht im Küefer-Martis-Huus aktuell der Frage nach, was sich bei grenzüberschreitenden Heiraten in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat. Begleitend wurde im Haus Gutenberg der Film «Folge der Feder» vorgeführt.

Mirjam Kaiser, Medienverantwortliche vom Haus Gutenberg in Balzers, und Johannes Inama, Chef des Küefer-Martis-Huus aus Ruggell, waren sich einig: Die erste Zusammenarbeit zwischen beiden Kulturinstitutionen fruchtete voll und ganz. Einerseits begeisterte das breite Programm in Balzers, also die Vorstellung der Problematik der Mischehen, von Heiratsriten und Menschenrechten sowie der steinigen Wege der Personen mit Migrationshintergrund im Ausland. Andererseits wurde in Ruggell eine interessante Ausstellung unter dem Titel «Aus Liebe Fremd» präsentiert, die bis Januar 2015 mit organisierten Gesprächsabenden andauert. Beide Events ergänzten sich, Dramatik und Vielfalt bis heute offener Fragestellungen wurden intensiv behandelt. Bis ins Jahr 1974, also lediglich vor 40 Jahren, verlor eine Liechtensteinerin, die einen Ausländer heiratete, automatisch ihre Staatsbürgerschaft. Jetzt ist es administrativ anders, aber die «Fremde-in-Familie»-Problematik bleibt weiter offen. Nicht nur in Liechtenstein.

«Folge der Feder!»

Das Haus Gutenberg präsentierte mit dem Film «Folge der Feder» ein Paradebeispiel für die erwähnten Fragen. Regie und Drehbuch stammen von der 1974 geborenen Nuray Sahin. Sie debütierte 1996 mit dem Kurzfilm «Fern wie die Sonne». «Folge der Feder!» ist ein Imperativ. Die Hauptheldin, die in der Türkei lebende Kurdin Hêlin, die die iranische Schauspielerin Pegah Ferydoni gut verkörpert, folgt dem Befehl des verstorbenen Vaters, weil sie weiss, dass die weisse, leichte und flüchtige Feder das Symbol der Freiheit ist. Sie kommt aus Istanbul nach Berlin mit dem Flugzeug, ist gänzlich schwarz bekleidet und verschleiert. Die Zuschauer sehen nur ihre schwarzen glühenden Augen. Obwohl sie in Berliner Ortsteilen wie Kreuzberg oder Köpenick auch viele türkische Frauen mit Kopftuch sieht, bleibt die deutsche Hauptstadt für sie lange ein anderer Planet.

Der Mensch als «Ware»

Sie soll einen arrivierten, erfolgreichen, stolzen, jungen und netten Türken heiraten. Er bezahlte schliesslich viel Geld für sie. Aber die gekaufte «Ware» flieht und Hêlin fängt auf eigene Faust ein abenteuerliches Leben an. Konsequent sehen wir die fremde Stadt Berlin mit ihren asiatischen Augen. Sie kämpft ums Überleben. Sie hat keine legale Aufenthaltsbewilligung, arbeitet schwarz als Kellnerin, muss sich vor der deutschen Polizei verstecken, wird von ihrem «Bräutigam» gefunden. Ein Dilemma und absolute Zerrissenheit: Soll sie ihn, den praktisch fremden Mann, trotzdem heiraten? Mittels Rückblenden aus der Türkei erfahren wir auch etwas von den Vergangenheitskonflikten in der Familie, die eine schwere psychische Bürde für Hêlin in Berlin bedeuten. Die leichte Feder wiegt enorm. Hêlins Mutter musste gemäss alten Riten mit 13 Jahren heiraten. Die Filmheldin, die Tochter, wählt einen anderen Weg, jenen der Metamorphose, Integration und Anpassung, in dem sie einen deutschen Freund wählt. Die hellen Sterne am Nachthimmel, die vom kurdisch-deutschen Paar, das sich innig umarmt, beobachtet werden, versprechen in der letzten Filmszene eine optimistische Zukunft.(wipi)