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Presseartikel

 
Donnerstag, 24. Dez 2009

Heiligabend anno dazumal

Vom beliebten «Bierazälta» hin zum kommerziellen Weihnachtsfest

SCHAAN - Parfüm, Schmuck und iPhones: Solche und andere Dinge liegen heute unter den Christbäumen im Land. Was heute gang und gäbe ist, war vor knapp hundert Jahren anders. Anton Pfeiffer erzählt aus den beschwerlichen Tagen anno dazumal.

«Wir waren schon glücklich, wenn wir am Weihnachtsabend

Bierazälta

und Butter bekamen», sagt der bald 91-Jährige aus Ruggell. Diese «Bierazälta», ein Brot mit gedörrten Birnen, wurde damals in Ruggell nur in der Weihnachtszeit gebacken und wurde erst am Heiligabend angeschnitten. Da sein Vater schon 1926 gestorben war, hatte die Familie einen schweren Stand in der damaligen Zeit. «Wir gehörten sicher zu den ärmeren Familien in Ruggell.»

Weihnachten wurde bei ihnen zu Hause schlicht begangen. «Wir hatten schon damals immer einen Tannenbaum in der Stube. Den haben wir mit bunten Kugeln und Lametta geschmückt.» Nur Schokolade, wie sie heute oft an Christbäumen hängt, wurde damals, auch aus finanziellen Gründen, noch nicht als Weihnachtsschmuck verwendet.

Farbige Zeitung machte Freude

Am Heiligabend wurde nur innerhalb der Familie im kleinen Kreise gefeiert. Dabei standen die Geschenke nicht im Vordergrund. «Es wurde eigentlich fast nichts geschenkt und wenn, dann gab es etwas, das man brauchte, wie etwa ein Leiterwägelchen oder ein selbst gestrickter Pullover.» Nach der Bescherung sind wir immer noch lange zusammengesessen und haben Lieder wie «Stille Nacht» gesungen. «Um Mitternacht sind wir dann immer gemeinsam in die Christmette gegangen», sagt Anton Pfeiffer. Trotz der entbehrungsreichen Kindheit erinnert sich Anton Pfeiffer noch gerne an das Weihnachtsfest von 1925 zurück. «Mein Vetter, der nach Amerika ausgewandert ist, schickte uns ein grosses Paket. Darin war unter anderem eine grosse Zeitung. Diese war im Gegensatz zu den Zeitungen hier, farbig gedruckt. Das war sehr lustig und hat uns allen Freude bereitet.» Seine Frau Clementine erinnert sich hingegen nur noch an ein spezielles Erlebnis: «Ich bekam zu Weihnachten ein paar gebrauchte Schuhe mit Speckgummisohlen. Als ich damit in die Kirche ging, bin ich mehrfach ausgerutscht, denn der Föhn hat geblasen und der Boden war durch das Schmelzwasser sehr glatt.»

Familie auseinandergerissen

Die nächsten paar Jahre waren für die Familie von Anton Pfeiffer sehr beschwerlich. Die Rheinüberschwemmung von 1927 riss die ganze Familie auseinander. «Zuerst landeten wir in Rüthi, danach wurden wir in verschiedene Gemeinden verteilt.» Er wurde zuerst bei einer Familie in Balzers untergebracht, bei der es ihm nicht so gefiel. Aus dieser Phase kann er sich noch an den Hasenbraten an Weihnachten erinnern, von dem er gerne noch mehr gegessen hätte.

Später verbrachte er fast zwei Jahre in Planken. «Das war eine schöne Zeit, dort fühlte ich mich wie zu Hause.» Danach kehrte er nach Ruggell zurück. Trotz des Zweiten Weltkrieges wurden die Zeiten für ihn besser. «Wir hatten genug zu essen und es gab sogar kleinere Geschenke wie etwa ein Hemd.»

Im Kreise der Familie

Heute feiert das Ehepaar das Weihnachtsfest jedes Jahr abwechslungsweise bei einem seiner sechs Kinder. Mit dabei sind dann natürlich auch die sieben Enkel und drei Urenkel, die ihnen viel Freude bereiten. Dabei liegen auch mehr Geschenke als zu früheren Zeiten unter dem Christbaum. «Heute werden viel zu viele Sinnlosigkeiten verschenkt», sagt Pfeiffer.